2020, cyanotype on cotton, 175 × 152 cm
image,  
exhibition view
2020, cyanotype on
cotton, 175 × 152 cm
 


    Dieses Jahr habe ich zwei Dinge gesucht: Steinpilze und tote Rehe. Die Pilze zum Essen, ein Reh zum fotografieren. Dafür habe ich Jäger gebeten, mich anzurufen wenn sie eines erlegt haben. Die meisten haben nicht verstanden, was ich machen will. Am Ende hat sich von fünf Jägern kein einziger gemeldet...
    Ich hab auch den ganzen Sommer und Herbst nach Steinpilzen gesucht. Und keinen einzigen gefunden, auch nicht an Stellen, die letztes Jahr voll davon waren. Fast jeden zweiten Tag war ich im Wald. Bei einem der letzten Streifzüge lag dann da das Rehkitz, ganz jung war es gestorben, vielleicht drei oder vier Monate hat es erlebt. Nachdem ich es mitgenommen und fotografiert hatte, habe ich es wieder zurück in den Wald gelegt.

     »Das Kitz hängt dort, abgebildet auf einem quadratischen großen Tuch, über dem gemachten Bett; verschwommen und bläulich schwebt sein fragiler Körper mit den feinen, bewegten Beinchen unwirklich und gespenstisch über dem dunkelblauen Untergrund. Ob es durch die Leere weiterschreitet oder es, perspektivisch von oben betrachtet, dort tot liegt, lässt sich auf der fotografischen Abbildung nicht endgültig bestimmen, in jedem Fall wird es in diesem eingefrorenen Zustand für eine Ewigkeit konserviert, so wie es da war, ist es und bleibt es. Das Foto transportiert, nach Roland Barthes (Die Helle Kammer), „einen rätselhaften Punkt von Inaktualität, eine seltsame Stauung, Inbegriff eines Stillstands“ und mag den Tod gerade hervorbringen, „indem es das Leben aufbewahren will.“ Barthes Formulierungen zu Zeit als Punctum der Fotografie sind drastisch, das Gefühl, es mit bereit Vergangenem zu tun zu haben, lässt sich jedoch auch in den Ansichten aus dem Inneren der Villa Nix nicht abschütteln, ist diesen doch das Stigma der Momentanität ihres Zustands immanent. Kurze, stillgestellte Augenblicke aus einem beharrlich fortschreitenden Prozess; Kulissen, über die sich die Notwendigkeit des Lebens und der Veränderung überträgt.«
    – Hannah Sachsenmaier, 2020